Autor: AS Histo Journal

Die Nachtigall

»Wenn du durch die Hölle gehst, bleib nicht stehen.« – Hannah erzählt in ihrem Roman die Geschichte zweier ungleicher Schwestern. Vianne und Isabelle sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Während Vianne glücklich und zufrieden in ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter aufgeht, übernimmt Isabelle sozusagen den Part der ewigen Rebellin. Alles, was einem jungen Mann gut zu Gesicht stünde und als Stärke gewertet würde, drückt ihr den Makel eines aufmüpfigen Mädchens, des nicht Damhaften, auf. Ein ums andere Mal fliegt sie von den besten Internaten für höhere Töchter. Zur feinen Dame, die adrett auf ihrem Stuhl hockt und artig Konversation betreibt, ist Isabelle nicht geschaffen. Der einsetzende Krieg verändert alles. Vianne verliert ihren Ehemann, der in den Krieg zieht. Ihr bleibt die achtjährige Tochter. Die Verantwortung für das Mädchen trägt sie nun allein. Jede ihrer Handlungen muss wohl überlegt sein. Vor allem, als ein deutscher Offizier bei Vianne einquartiert wird, mit dem es sich in irgendeiner Form zu arrangieren gilt. Beklommen erlebt sie zudem die Deportation von Freunden. Vianne muss sich entscheiden. Was soll …

Die Überlebenden von Sagunt

Hannibal ante portas – Die Zahl der Autoren historischer Romane, die sich mit der Antike befassen, ist selbst im internationalen Buchmarkt überschaubar, in Deutschland ist es nur eine Handvoll, die sich mit dieser Epoche befassen. Umso großer ist für den antikenaffinen Leser die Freude, wenn ein neuer Vertreter in der edlen Runde zu begrüßen ist: Jonathan Lerros. Mit Fug und Recht als deutscher Autor angesprochen, denn es ist das Pseudonym des deutschen Autors Günther Krieger. Bekannt geworden ist Krieger alias Lerros allerdings eher mit Geschichten und Romanen, die im Mittelalter angesiedelt sind. Mit der Antike betritt der Autor mit dem Namen Jonathan Lerros Neuland. Noch dazu wählte er sich nicht »die« Antike Griechenlands und Roms, sondern geht noch eine Stufe tiefer zu deren Wurzeln, nach Karthago nämlich. Zu den Barciden, Hannibal, Hamilkar, Bato und wie die großen Helden der Strategen alle heißen. Ein mutiges Unterfangen, wenn man die Geschichte kennt. Denn oft ist es keine gute Idee, wenn man altbewährte Gefilde verlässt und zu neuen Ufern aufbricht. Zumal, wenn die Epoche sehr komplex und ist …

Histo Journal Interview mit Regina Schleheck

Histo Journal Interview: Regina Schleheck über ihren historischen Kriminalroman »Der Kirmesmörder Jürgen Bartsch« Diese Autorin schreibt und schreibt und schreibt. Die Rede ist von Regina Schleheck. Vor allem Kurzgeschichten haben es der mit renommierten Preisen vielfach ausgezeichneten Autorin offenbar besonders angetan {u.a. Friedrich-Glauser-Preis 2013}. Mit »Der Kirmesmörder Jürgen Bartsch« legt die Autorin jetzt ihren ersten Roman vor. Im Histo Journal Interview mit Redakteurin Ilka Stitz verrät die gebürtige Kölnerin, warum ausgerechnet der Fall Jürgen Bartsch zum Thema ihrer Geschichte werden musste … von Ilka Stitz Histo Journal: Regina, »Der Kirmesmörder Jürgen Bartsch« ist – nach zahllosen, zumeist preisgekrönten Kurzgeschichten – Dein erster Roman. Warum gerade jetzt? Autorin Regina Schleheck© Henrik Reimann Regina Schleheck: Ich wollte schon länger einen Roman schreiben, hatte aber nie die Zeit dafür, ein Thema eine Weile am Stück zu bearbeiten. Ich bin ja Vollzeit berufstätig. Dann hatte ich das Glück, von einer Kollegin in ihr Haus nach Schweden eingeladen zu werden. Dort waren wir zu vier Autorinnen, es war sehr entspannt, und die schwedischen Sommertage sind sehr lang. Weil ich immer …

Der Kirmesmörder Jürgen Bartsch

»Der Kirmesmörder Jürgen Bartsch« – Den älteren unserer Leser ist Jürgen Bartsch vielleicht noch ein Begriff, der {im weitesten Sinne} Düsseldorfer Serientäter, der in den 60er Jahren vier Jungen auf bestialische Weise ermordete. Jetzt hat Regina Schleheck einen biografischen Roman geschrieben, der das Werden und das Sein dieses Mannes auf sehr besondere Weise beleuchtet. Wenn man sich mit historischen Romanen befasst, sind einem Gräueltaten aller Couleur naturgemäß vertraut. Denn in allen Jahrhunderten begegnet uns rohe Gewalt, gehörte sie gar mehr oder weniger zum alltäglichen Leben der Menschen. Aber wie es scheint, war der Mensch zu allen Zeiten besonders kreativ darin, immer neue Mittel und Wege zu erfinden, um Artgenossen vom Leben zum Tode zu befördern. Und dies mal gnädig schnell, mal langsam und qualvoll. Sei es zur Strafe, aus Rache, aus Liebe oder Leid, um Macht zu demonstrieren, an Geld zu gelangen oder rein aus der Lust am Töten. Da werden Hexen verbrannt, Verräter gefoltert, Ehebrecherinnen gesteinigt, Gliedmaßen ausgerenkt, Haut abgezogen, schon in der Bibel greifen Autoren stets gern auf solche Szenarien zurück. Weil sie …

Filmkritik: Frantz

»Frantz« – Der Regisseur François Ozon führt uns in eine schwarz-weiße Welt, nicht weil 1918 ist, sondern weil Loyalitäten und Feindschaften in den Köpfen der Leute deutlich getrennt sind. Und weil viel Blut geflossen ist: Europa ist farblos geworden. Die Gespräche werden von Parolen beherrscht. Der Franzose, der in diese deutsche Stadt kommt, kann nicht mit Sympathien rechnen. Anna aber glaubt an seine Trauer, als sie ihn am {leeren} Grab von Frantz weinen sieht. Sie lädt Adrien zu ihrer Schwiegerfamilie in spe ein; vom Vater des im Weltkrieg gefallenen Frantz wird der Gast nicht freundlich empfangen. Für ihn sind die Franzosen die Mörder seines Sohnes. Als aber Adrien von der gemeinsamen Vorkriegszeit mit Frantz erzählt, wird der Film bunt; geschickt wird der Kontrast gesetzt zwischen den hölzernen Stuben, wo Formen und Verlegenheit gepflegt werden und der Erinnerung und der freien Natur: Hier ist Farbe und Fröhlichkeit, hier vollzieht sich Annäherung. Der Film lässt sich dazu viel Zeit, getragen von dem intensiven Spiel Pierre Nineys {Adrien} und Paula Beers {Anna}. Geschickt wird Spannung aufgebaut: Als Zuschauer …

Spielmanns Fluch

Das Geschäft mit dem Krieg – Es ist eine Wohltat, wenn ein Autor historischer Romane weiß, wovon er schreibt. Das ist bei Jörgen Bracker im höchsten Maße der Fall. Ob es die Hamburger Geschichte betrifft oder das Wesen des Schiffsbaus und -verkehrs, Bracker ist hier wie dort zu Hause. Und das spürt man bei seinem Roman »Spielmanns Fluch“ in jeder Zeile. Zumal Bracker zu jenen Autoren gehört, die einen ureigenen Stil und erzählerischen Ton gefunden haben, den man sofort wiedererkennt. Das Thema des Romans könnte aktueller kaum sein: Es geht um große Geschäfte, um Korruption und Waffenschmuggel. Und da der Roman in Hamburg spielt, damals wie heute eine der bedeutendsten Handelsmetropolen und Warenumschlagplätze, ist es internationaler Waffenhandel im ganz großen Stil. Zudem versprechen die aktuellen politischen Ereignisse hohe Gewinne: Der Roman beginnt 1620, der Zeit des dreißigjährigen Krieges. Die katholischen Spanier sind auf dem Vormarsch, sie wollen die Protestanten … ▹ Buchbesprechung lesen!

Liliana Le Hingrat im Histo Journal Interview

Histo Journal Interview mit Liliana Le Hingrat – Ihr Debütroman »Das dunkle Herz der Welt« ist just für den Homer Preis in der Sparte Historische Biografie/historisches Ereignis nominiert worden. Im Histo Journal Interview erzählt die sympathische Autorin von ihrer Faszination für die Familie Vlad Dracula, ihrem Engagement für den Erhalt der Kirchenburgen in Siebenbürgen & über die Todesstrafe durch Aufspießen, die zeitlich weiter zurückreicht, als so mancher denken mag … Histo Journal: Mit dem Namen Vladislav Basarab Draco assoziieren die meisten Leserinnen und Leser wohl jenen Vampir Dracula, den Bram Stoker in Szene gesetzt hat. Du hast dich entschieden zunächst die Geschichte von Vladislav Basarab Draco {Vlad II.} zu erzählen. War das von Beginn deiner Recherche an dein Ziel? Oder ergab es sich im Laufe der Zeit? Liliana Le Hingrat {LLH}: Über Vlad Dracula sind sehr viele Bücher geschrieben und auch viele Filmen oder Reportagen gedreht worden und immer wieder wurde der Vampir in den Mittelpunkt gestellt. Von Anfang an wollte ich dagegen die wahre Geschichte über den Fürst der Walachei schreiben, ihm die mystische …

Ben Hur

Jesus, Lincoln und Billy the Kid – Lew Wallace wurde von dem Gedanken gequält, dass sein Name in der Weltgeschichte mit Schmach und Schande behaftet sein würde und er die Schuld am Tod von vielen tausend Mensch trug. Manche sehen darin die treibende Kraft für das Entstehen von »Ben Hur«. Der Roman trägt den Untertitel »A Tale of the Christ«. Aber die Hauptfigur ist Judah Ben-Hur, ein Jude, der zu Unrecht beschuldigt wird, einen Anschlag auf den römischen Tribun begangen zu haben. Judah wird verfolgt und versklavt und besiegt schließlich in einem großen Wagenrennen seinen ehemaligen Freund und nun ärgsten Widersacher Messala. Dann aber erkennt er, dass die Rache ihm nicht die erhoffte Befriedigung bringt. Aber da war ja noch der Mann mit den Kastanienfarbenen Locken und den blauen Augen – am Schluss bekennt sich Judah zu Jesus als Messias und Erlöser. Und auch der Autor konnte sich aussöhnen mit dem blutigsten Tag in seinem Leben. Lew Wallace wurde 1827 in Indiana, USA, geboren, damals ein Grenzstaat hinter dem das Indianerland begann. Seine Familie gehörte …

Winterhonig

Eine fast wahre Geschichte – Den meisten Leserinnen und Lesern ist die Autorin Daniela Ohm aus einem ganz anderen Genre bekannt. Unter dem Namen Daniela Winterfeld erschien {ebenfalls im Knaur Verlag} der Fantasyroman »Der geheime Name«, eine Art Rumpelstilzchen-Adaption. Als Daniela Ohms schrieb sie bislang vor allem Jugendromane {»Harpyienblut«}. Mit dem historischen Roman »Winterhonig« wagt Ohm den Sprung in ein neues Genre – und überzeugt. »Ganz egal, ob ich eine Geschichte realistisch oder als ›modernes Märchen‹ aufbaue, mir geht es immer darum, etwas Wahres zu erzählen, etwas über die Menschen, über die Dinge, Ereignisse und Fragen, die uns bewegen und mitfiebern lassen«, ist auf der Website der Autorin Daniela Ohms zu lesen. In »Winterhonig« ist ihr das auf ebenso einfühlsame wie spannende Weise gelungen. Worum geht? In den Wirren des Zweiten Weltkrieges verlieben sich Mathilda und Karl ineinander. Eine eher ungünstige Liebeskombination, denn Karl, das ist dem Leser recht schnell klar, trägt ein Geheimnis in sich, dass zu enthüllen in der Zeit von 1933 bis 1945 nicht ratsam war. Doch Liebe fragt nicht, ob Zeit, Ort …

Der Pirat

Ein Mythos wird lebendig – In der Küstenstadt Plymouth kann man Sir Francis Drake in seiner ganzen Pracht bewundern. Stolz steht er da und blickt in die Ferne {oder auf die angreifende Spanische Armada, immerhin startete der Angriff vom Hafen in Plymouth aus}. Von der Queen wurde er für seine – nennen wir es mal – ›Tüchtigkeit‹ auf See in den Adelsstand erhoben, die Bewohner von Plymouth liebten ihn, Politik war nicht unbedingt ›seins‹, die Spaniern indes fürchteten den tollkühnen Piraten … nur die eigene Eherau verschmähte und betrog ihn. Kein Wunder also, dass Francis als Pirat seine Zeit lieber auf See, statt im trauten Heim verbrachte. Dort gelang ihm Unerhörtes. Das belegt seine Erfolgsbilanz recht eindrucksvoll: Pirat seiner Majestät Queen Elizabeth I., Weltumsegler {dazu benötigte er volle drei Jahre}, Ritter, Bürgermeister, Schwerverdiener und Abenteurer und – Liebhaber dieses Landes müssen jetzt ganz stark sein – personifizierter Albtraum … ▹ Kurz & Knapp lesen!