Autor: AS Histo Journal

Lesefutter im Herbst/Winter 2016

Histo Journal Herbstvorschau Ausgewählt von Ilka Stitz, T.M. Schurkus & Alessa Schmelzer Kaum hat man die Urlaubslektüre geschafft, da kommt auch schon der Herbst mit vielen spannenden Neuerscheinungen im Bereich historischer Literatur. Das Histo Journal hat sich {nicht nur} die 30 wichtigsten Verlage angeschaut und aus ihrem Programmen eine Herbstvorschau zusammen gestellt. Vom Mittelalter bis zur Währungsreform, von London über Apulien bis China, von Krimi bis Romanbiografie – der Leseherbst bietet für jeden Geschmack interessante Titel. Und einige davon werden wir natürlich auch näher in unseren Histo Journal Buch- und Hörbuchbesprechungen vorstellen. ROMANE Hardcover Mittelalter Richard Dübell Krone des Schicksals Bamberg 1208: Der römisch-deutsche König besitzt einen besonders wertvollen Edelstein, der aus den Tränen der Jungfrau Maria entstanden sein soll. Auf einer königlichen Hochzeitsfeier kommt es zur Katastrophe und der Stein wird geraubt. 19 Jahre später versuchen zwei junge Leute, dem Geheimnis des Steins auf die Spur zu kommen. HC erscheint bei Lübbe Helga Glaesener Die Postmeisterin Die junge Adlige Aliz lebt als Kammerfrau bei der Herzogin von Jülich. Als diese brutal ermordet wird, flieht …

Filmkritik: Genius

»Genius – Die tausend Seiten einer Freundschaft« – Vor kurzem hatte ich mit Kollegen ein Gespräch darüber, wie es wohl kommt, dass manche Menschen von Autoren eine gewisse moralische oder zumindest doch eine charakterliche Vorbildhaftigkeit erwarten. Dabei ist die Literaturgeschichte angefüllt mit exzentrischen, egomanischen und narzisstischen Gestalten. Thomas Wolfe war eine davon. Jude Law erweckt ihn mit entfesselter Spiellaune wieder zum Leben. Sein Gegenüber ist Colin Firth in der Rolle des Lektors Maxwell Perkins: Ruhig, unerschütterlich freundlich und {fast} immer mit Hut. Der Film verlässt sich jedoch zu sehr auf die Dynamik dieser beiden Figuren und hat darüber hinaus wenig dramaturgische Einfälle. Die erste halbe Stunde ist der gemeinsamen Arbeit an »O Lost« gewidmet, das später als »Look Homeward, Angel« erscheint. Die einzigen Konflikte bestehen in Diskussionen über Kürzungen – zweifellos ist »Genius« ein Film für Literaturwissenschaftler, Amerikanisten und Autoren; alle drei Dinge treffen auf mich zu und eben darum kamen mir weitere Fragen: Hat der Verlag dem Lektor keinen Druck gemacht? Wie stand der Verleger zu der ausufernden Zusammenarbeit mit einem Autor, den alle …

Bühlerhöhe

Brigitte Glaser »Bühlerhöhe« – Nach dem Zweiten Weltkrieg liegen die Städte noch in Trümmern, und doch schon geht es bereits spürbar aufwärts. Die 50er Jahre in Deutschland markieren den Beginn des Wirtschaftswunders, eine Zeit des Aufbruchs. Jetzt stellt sich die Frage, wie die schreckliche Vergangenheit bewältigt, die Schuld gesühnt werden kann. In der Diskussion ist ein Wiedergutmachungsgesetz mit Israel. Ein Gesetz, das weder von deutscher, noch von israelischer Seite ausschließlich mit Wohlwollen gesehen wird. Adenauer, der sich für das Gesetz engagiert, erhält Morddrohungen, drei Briefbombenattentate scheitern. Absender war die Organisation jüdischer Partisanen, daher sorgen sich auch die Israelis um Adenauers Sicherheit. Denn wenn der deutsche Kanzler Opfer eines Attentats würde, wäre das Wiedergutmachungsgesetz gescheitert. Dabei braucht der junge israelische Staat das deutsche Geld dringend. Allerdings sieht das die Extremistengruppe Irgun anders, sie will die Zahlung dieses Blutgeldes verhindern. Die deutschen Sicherheitsleute des Kanzlers nehmen die Gefahr, die von Seiten Menachim Begins und seiner Irgun droht, nicht ernst. Also müssen die Israelis selbst für die Sicherheit des Kanzlers sorgen, denn sie haben konkrete Hinweise auf einen …

Elke Weigel im Histo Journal Interview

Histo Journal Interview: Elke Weigel über »Tod und Irrtum« – Just erschien mit »Tod und Irrtum« der neue historische Roman von Elke Weigel. Im Histo Journal Interview spricht die Autorin über ihren just erschienenen historischen Roman »Tod und Irrtum«, gesellschaftliche Tabus des beginnenden 20. Jahrhunderts & verrät, was Sigmund Freud in ihren Augen so genial macht … Histo Journal: Im August erschien Ihr neuer historischer Krimi »Tod und Irrtum« im Gmeiner Verlag. Mögen Sie den Inhalt kurz umreißen? Elke Weigel {EW}: Die Geschichte spielt 1910 in Stuttgart. Als Henriette Haag nach einer längeren Reise wieder zu Hause ankommt, wird gerade ihre junge Haushälterin Magdale blutüberströmt in die Klinik abtransportiert. Der Arzt spricht von einem Suizidversuch, doch die Blutspuren, die Henriette in Magdales Bett findet, deuten auf eine Abtreibung oder Fehlgeburt hin. Als ein Toter entdeckt wird und Magdale unter Mordverdacht gerät, glaubt Henriette an die Unschuld ihrer Haushälterin und sucht die Unterstützung ihrer Freundinnen, die wissen müssten, was während ihrer Abwesenheit vorgefallen ist. Doch die schöne Felise ist damit beschäftigt sich vom berühmtesten Maler in …

Tod und Irrtum

Elke Weigel: »Tod und Irrtum« – »Sie wären erfreut zu sehen, wie zuversichtlich und voller guter Vorsätze ich meiner Zukunft entgegen gehe.« – Zur Erinnerung: Die Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren von einem selbstbestimmten Leben qua Geburt Lichtjahre entfernt {zumindest die meisten von ihnen}. Ihre Rolle war klar umrissen. Die gehorsame Tochter heiratete den Mann, den die Eltern für sie ausgesucht hatten. Was folgte, war ein vorgezeichnetes Leben als {gehorsame} treue Ehefrau und aufopferungsvolle, liebevolle Mutter. Die Verwirklichung der eigenen Träume {Abitur, Studium, Beruf} stand bei den meisten Frauen nicht zur Diskussion. Mehr als verständlich, dass Frauen wie Emmeline Pankhurst {Suffragetten} die Gleichberechtigung für Frauen einforderten, deutsche Frauenrechtlerinnen endlich das Wahlrecht auch für Frauen verlangten {worüber sie sich dann aber erst Ende November 1918 freuen durften, die Engländerinnen mussten ganze zehn Jahre länger darauf warten}. Stuttgart 1910: Endlich zurück in der Heimatstadt. Henriette Haag, monatelang auf Reisen unterwegs, kann es gar nicht abwarten endlich den Fuß über die Schwelle ›ihres‹ Hauses zu setzen {in der Wahl des Pronomens ist die jetzige Witwe noch …

Das Schwert der Götter

Kurz & Knapp: Axel S. Meyer »Das Schwert der Götter« – Das Ende des ersten Jahrtausends ist eine bewegte Zeit. Der erste Sachsenkönig, Otto der Große, regiert das deutsche Reich und schickt seine Kirchenfürsten in den Norden, um Slawen und Dänen zu christianisieren und damit das Reich zu befrieden. Dies indes mit wechselndem Erfolg, was aber auch an deren mitunter unchristlichen Bekehrungsmethoden liegen mag. Axel S. Meyer beschreibt diese Geschichte, die vermutlich einigen aus Sicht der Deutschen leidlich bekannt ist, aus der Perspektive der Nordmänner. Gerade diesem Volk, das die Menschen an Rhein, Weser und Elbe in Furcht und Schrecken versetzte, als sie mit ihren Drachenbooten tief ins Festland eindrangen, und plündernd, mordend und brandschatzend in die Städte einfielen. Ein Trauma, das bis heute in den Wikingervorstellungen weiterlebt. Allerdings gibt es auch eine andere Wikingergeschichte, die allmählich in unsere Wahrnehmung dringt. Die der Handelsreisenden, die nicht nur mit dem Schwert, sondern auch mit gefüllter Börse Länder eroberten, indem sie Siedlungen gründeten und mit den Einheimischen Handel trieben. Haithabu in Schleswig ist beispielsweise ein bekannter Handelsplatz …

Bucht der Schmuggler

Kurz & Knapp: Ulf Schiewe »Bucht der Schmuggler« – Die karibische Insel Hispaniola ist nicht gerade das Traumziel Jan van Hagens. Aber widrige Umstände, das Handelshaus seines sterbenden Vaters steht vor dem finanziellen Ruin, zwingen den jungen Kaufmann Bremen fluchtartig zu verlassen. Einzig seine holländische Fleute ›Sophie‹ ist ihm geblieben. Er nimmt zunächst Kurs auf Amsterdam zu einem alten Geschäftsfreund seines Vaters, auf dessen Hilfe er hofft. Cornelius van Doorn willigt in ein Geschäft mit dem jungen Jan nur unter einer Bedingung ein: Er rüstet die ›Sophie‹ mit weiteren Kanonen auf, Jan muss mit Sklaven handeln {was diesem zutiefst missfällt} und nötigt ihn neben anderen den – wie sich auf der Reise zeigen wird – ziemlich unfähigen Schiffsarzt Doctor Emanuel Almeida de Souza mit an Bord zu nehmen. Ziel der Reise: Hispaniola in der Neuen Welt. Dort muss Jan für van Doorn einen riskanten Auftrag erfüllen … Und dann ist da noch ein blinder Passagier namens Elsje, eine Hure in Not, die Jans mitfühlendes Herz erweicht und fortan ebenfalls Teil der Mannschaft ist. ▹ Kurz & …

Gastbeitrag von Constanze Wilken: Manet Ausstellung in Hamburg

Ausstellung Kunsthalle Hamburg 27.Mai – 4.September 2016 – Ein Gastbeitrag von Constanze Wilken »Monsieur Manet, ein enfant terrible der Kunst das es mit vulgärer Kühnheit und ungestraft gebliebenem Skandal rasch zu Ruhm brachte.« Mathurin de Lescure, Revue contemporaine, 15.Mai 1865 Die Schmähungen der zeitgenössischen Kunstkritiker für den Künstler Edouard Manet {1832 – 1883} waren vielfältig und leidenschaftlich – genau wie die provokante Kunst des Malers. Wie kaum ein anderer Künstler revolutionierte Manet die Kunst des 19. Jahrhunderts mit seiner aufrüttelnden direkten Bildansprache des Publikums. Hamburger Kunsthalle © C. Wilken Seine Bilder lösten bei Kritikern und Besuchern der Pariser Salon-Ausstellungen Proteststürme und Skandale aus. Was für uns heute normal ist, traf den moralinsauren Bürger des 19. Jahrhunderts bis ins Mark. Manet stellte mit bisweilen brutaler, unverblümter Direktheit die andere Seite der Gesellschaft dar – nämlich jene, die hinter verschlossenen Türen existierte. Die Hamburger Kunsthalle meldet sich zurück Die Hamburger Kunsthalle meldet sich nach einer längeren Umbauphase mit einer großen Manet Ausstellung zurück, die den »Blick der Moderne« in den Mittelpunkt rückt. Die Ausstellung ist zugleich das …

Histo Journal Interview mit Susanne Goga – Beruf: Literarische Übersetzerin

Beruf: Literarische Übersetzerin. Interview mit Susanne Goga – Histo Journal: Wie wird man eigentlich Übersetzerin? Susanne Goga {SG}: Da gibt es die unterschiedlichsten Wege. Ich habe in Düsseldorf Literatur übersetzen studiert, das war damals der erste und einzige Studiengang, der sich ganz aufs literarische Übersetzen konzentrierte. Soweit ich weiß, ist das heute ein Masterstudiengang, ich habe noch ein Diplom gemacht. Allerdings ist die Berufsbezeichnung Übersetzer/in nicht geschützt, und man gelangt auf ganz unterschiedlichen Wege dorthin, jedoch oft über ein geisteswissenschaftliches Studium. Histo Journal: Was reizt dich besonders an diesem Beruf? SG: Mich hat es gereizt, meine Neigung zu Sprachen und meine Liebe zur Literatur miteinander zu verbinden. Es ist sehr spannend, ein Buch in eine andere Sprache zu übertragen und in gewisser Weise neu zu schreiben. Histo Journal: Auf welche Sprachen hast du dich konzentriert {und warum}? SG: Ich habe Englisch und Französisch studiert, mich aber ganz auf Englisch spezialisiert. Zum einen, weil mich die Sprache und Literatur der englischsprachigen Länder mehr interessieren, zum anderen aus ganz praktischen Erwägungen, da der weitaus größte Teil der …

Annis Bell – Die schwarze Orchidee

Auch der zweite Fall der unkonventionellen Lady überzeugt auf ganzer Linie. – Faszinierend, selten und gerade deshalb heiß begehrt: Orchideen. Um 1860 mussten die Orchideenzüchter in England {und freilich nicht nur dort} allerdings über ein sehr gut gefülltes Portemonnaie verfügen, um diesem Pflanzenhobby längerfristig frönen zu können. Denn genauso atemberaubend schön wie eine Orchidee selbst, so atemberaubend hoch war auch ihr Preis. Für besonders exquisite Exemplare blätterten Sammler auch schon einmal an die 300£ auf den Tisch. Schon allein um ihren Sammlerkonkurrenten zuvor zu kommen. So tummelten sich denn auch verschiedene Orchideenarten in herrschaftlichen Gewächshäusern. Es liegt auf der Hand: Die intensive Beschäftigung mit Orchideen war nur einem ausgesuchten Gesellschaftskreis vorbehalten, nämlich dem vermögenden. Musste sich ein Zimmermädchen mit einem Jahresgehalt von 20£ begnügen, ein Orchideensammler hätte dafür vermutlich nicht einmal ein Blatt seines favorisierten Objektes erhalten … ▹ Buchbesprechung lesen! Annis Bell verlost aktuell 15 Exemplare von »Die schwarze Orchidee«! Alle Infos gibt es hier.