Think-tank in Unkel oder die Wiedergeburt des rheinischen Salons
Afternoon tea mit die Schriftstellerinnen Brigitte Glaser, Julie Marsh, Jasna Mittler, Heidi Rehn und Beate Sauer …
Afternoon tea mit die Schriftstellerinnen Brigitte Glaser, Julie Marsh, Jasna Mittler, Heidi Rehn und Beate Sauer …
Die Schriftstellerin Brigitte Glaser Histo Journal: Wie erlebst Du als Schriftstellerin diese Zeit? Brigitte Glaser: Ich empfinde es als großes Glück, mich schreibend stundenlang am Tag in einer anderen Zeit zu bewegen. Das hilft sehr, die aktuelle Krise nicht zu dramatisieren. Die frühen 1960er, in denen mein neuer Roman spielt, waren die Hoch-Zeit des Kalten Krieges, im Kubakonflikt im Herbst 1962 stand die Welt kurz vor einem Atomkrieg. Sprich, die Angst vor schlimmen Katastrophen durchzieht die ganze Menschheitsgeschichte, mal traten sie ein, mal nicht, das Leben war noch nie berechenbar. Histo Journal: Ausbleibende Lesungseinnahmen sowie z.B. das Absagen der Frankfurter und der Leipziger Buchmessen belasten eine ganze Branche. Was müssen Autor*innen jetzt tun, um ihre Existenz zu sichern? Brigitte Glaser: Autor*innen sind per se … ▹ Interview lesen! Fotocredit: MEYER ORIGINALS
Die Schriftstellerin Sabine Ebert Histo Journal: Wie erleben Sie als Schriftstellerin diese Zeit? Sabine Ebert: Beklemmend. Ich brauche zwar Ruhe und Abgeschiedenheit zum Schreiben, doch ich sitze nicht im Elfenbeinturm, losgelöst von allem. Ich sorge mich um Freunde und Verwandte. Meine erwachsenen Kinder leben in Hamburg, meine hochbetagten Eltern in Berlin, und sie zu besuchen wäre angesichts der Lage in Sachsen schon seit November verantwortungslos. Ich sorge mich aber auch darum, was das alles mit uns macht, mit unserer Gesellschaft. Was bleibt, wenn die schlimmsten Infektionswellen vorbei sind? Auch speziell in Verlagsbranche und Buchhandel? Und werden die Menschen dann noch Geld für Bücher haben? Mir fehlen Treffen im Freundeskreis, Gedankenaustausch bei einem gemütlichen Essen im Lokal, Museumsbesuche und Reisen. Immer wieder ein paar Tage am Stück isoliert zu sein, ist bei mir fürs Schreiben förderlich; das Schreiben ist nun mal eine einsame Angelegenheit. Aber über Wochen und Monate – da fehlt mir Input, um es mal in technischer Sprache zu sagen. Histo Journal: Ausbleibende Lesungseinnahmen sowie z.B. das Absagen der Frankfurter und der Leipziger Buchmessen …
Die Schriftstellerinnen Claudia und Nadja Beinert Histo Journal: Wie erlebt Ihr als Schriftstellerinnen diese Zeit? Beinert Schwestern: Wir sind es gewohnt, viel im Home-Office zu arbeiten. Aber die persönlichen Kontakte, nicht nur mit den Mitarbeitern des Verlages oder Kollegen, sondern auch mit Freunden und der Familie, das fehlt uns schon sehr. Beides ist uns nicht nur ein soziales Bedürfnis, sondern inspiriert uns auch fürs Schreiben. Unbestritten ist die Schließung vieler Buchläden ein großer Verlust. In den Regalen voller Bücher zu stöbern, darin zu blättern, das Papier zu riechen {eine Eigenheit von uns} und bei der Auswahl der Lektüre beraten zu werden, das ist online nicht möglich. Darüber hinaus wird der Kontakt zu unseren Lesern vorerst auf Online-Aktivitäten hinauslaufen, was wir sehr schade finden. Histo Journal: Ausbleibende Lesungseinnahmen sowie z.B. das Absagen der Frankfurter und der Leipziger Buchmessen belasten eine ganze Branche. Was müssen Autor*innen jetzt tun, um ihre Existenz zu sichern? Beinert Schwestern: Die Absage der Buchmessen war ein saurer Apfel, in den die gesamte Branche beißen musste. Insbesondere die Messe in Leipzig ist ein Fest …
Letzter Teil unseres Heidi Rehn Specials – Buchvorstellung: »Das doppelte Gesicht« und Interview – »Ganz egal, wie viel Mühe Sie sich geben: Die maßlose Verrohung wird uns wohl noch lange begleiten.« – Billa Löwenfeld Es ist ein unlösbares Band, das da zwischen der Autorin Heidi Rehn und der Stadt München des frühen 20. Jahrhunderts besteht. Ihre kluge und nuancierte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist allen ihren neueren Romanen gemein. Wie sie selbst in einem Histo Journal Interview sagt: »In meinen Geschichten möchte ich von Menschen erzählen, die damals gelebt und das alles miterlebt haben. Anders als wir heute haben sie mittendrin gesteckt, konnten die Konsequenzen daraus bestenfalls ahnen, aber keinesfalls wissen, wie es enden würde. An ihrem Beispiel möchte ich zeigen, wie wichtig es ist, sich frühzeitig zu fragen, was man vielleicht anders einschätzen oder interpretieren muss, welche Warnsignale man besser beachtet, was man selbst tun kann, um mitzuhelfen, dass nie wieder Populisten an die Macht gelangen. Nie wieder dürfen Menschen ihrer Religion, ihrer Herkunft, ihrer Art zu lieben oder zu leben oder zu sein …
Die Schriftstellerin Tanja Kinkel Histo Journal: Wie erleben Sie als Schriftstellerin diese Zeit? Tanja Kinkel: Als Erfüllung des chinesischen Fluches »Mögest Du in interessanten Zeiten leben!« Mit ein klein wenig déjà-vu. Ich hatte vor etwas weniger als zwei Jahrzehnten einen Roman geschrieben, »Götterdämmerung«, in dem es schließlich zu einer Pandemie durch einen Virus kommt. So genau wollte ich eigentlich nicht herausfinden, wie sich das in der Realität abspielt! Histo Journal: Ausbleibende Lesungseinnahmen sowie z.B. das Absagen der Frankfurter und der Leipziger Buchmessen belasten eine ganze Branche. Was müssen Autor*innen jetzt tun, um ihre Existenz zu sichern? Tanja Kinkel: Anträge auf Unterstützung stellen, ist sicher ein Weg. Ich habe das letzte Jahr auch genutzt, um einen neuen Roman zu verfassen und Treatments für weitere auszuarbeiten, aber anders, als in der vor-Pandemie-Zeit, weiß ich noch nicht, wann was erscheinen wird. Treffen mit anderen Autoren oder Verlagsangehörigen können … ▹ Interview lesen! Fotocredit: FinePic, München
Heidi Rehn – »Die Tochter des Zauberers« – »Es gibt nichts in meinem Leben, was ich nicht bereitwillig erzählt hätte; nichts, was ich aus irgendeinem Grund verheimlichen müsste.« – Erika Mann Im Jahr 1936 befinden sich Erika und ihr Bruder Klaus Mann auf dem Weg in die USA. Nichts ist mehr sicher in Deutschland, in ganz Europa, seit die Nationalsozialisten die Macht an sich gerissen haben und den Großteil des deutschen Volkes vorbehaltlos hinter sich wissen. Erika und Klaus sind zu diesem Zeitpunkt längst politisiert, wissen um die Niedertracht dieser Partei und beziehen auch öffentlich Stellung gegen das Regime. Ab 1933 gab Klaus Mann »Die Sammlung«, eine Literarische Monatszeitschrift heraus. Für »Die Sammlung« gewann Klaus Mann Schriftsteller wie Stefan Zweig, André Gide und seinen Vater, Thomas Mann. Auch Heinrich Mann, sein Onkel, war ›on board‹. Unterstützung finanzieller Art erhielt Klaus Mann von Annemarie Schwarzenbach. Erika Mann engagiert sich, indem sie weiterhin streitbare Texte gegen die Nationalsozialisten schreibt und diese als Schauspielerin in der der »Pfeffermühle«, jener legendären Kabarettgruppe, die sie gemeinsam mit ihrem Bruder Klaus, …
Histo Journal Special: Heidi Rehn über ihren Roman »Die Tochter des Zauberers« Gefragt & Notiert von Alessa Schmelzer Just erschien Heidi Rehns Roman »Die Tochter des Zauberers« in der Reihe »Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe« des Aufbau Verlags. Die Tochter, um die es hier geht, ist Erika Mann. Ihres Zeichens ältestes Kind des Schriftstellers Thomas Mann. In ihrem Roman schildert die Autorin Heidi Rehn einen relativ kurzen, aber bedeutsamen Zeitraum aus Erika Manns Leben in New York. In diesem Interview erzählt Heidi Rehn, warum Erika Mann eine bewundernswerte Frau war – und auch heute immer noch ist. Histo Journal: Just ist »Die Tochter des Zauberers« im Aufbau Verlag erschienen. Magst Du kurz erzählen, worum es in Deinem neuen Roman geht? Heidi Rehn: Der Roman schildert eine kurze, aber sehr entscheidende Phase in Erika Manns Leben: Nach den ersten Jahren im Schweizer Exil will sie 1936/37 in Amerika Fuß fassen und die USA – die Regierung unter Präsident Roosevelt ebenso wie die AmerikanerInnen – für den Kampf gegen Hitler und den Faschismus in Europa mobilisieren. …
Antike Welt Sonderheft 9/20 – »Im Feld – Wie der Grabungsalltag wirklich aussieht« – Schattige Plätzchen, Essen und Tee … Es ist eine vollmundige Ankündigung auf dem Titel dieses Sonderheftes der Antiken Welt, einer Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte. Sie weckt Erwartungen auf besondere Erkenntnisse, Blicke in die Grabungsprozesse, die ein Besuch einer öffentlich zugänglichen Grabung nicht mehr wiedergeben kann. Das Inhaltsverzeichnis verspricht Einblicke in internationale Grabungen, von Deutschland, Österreich und der Schweiz bis hin zum nahen und fernen Osten, über Israel bis Nordafrika, ja sogar bis Peru. Die Zeitspanne der Fundstätten geht von der Steinzeit bis zur Eisenzeit im weitesten Sinne. Voller Spannung erwartet man sich durch die Lektüre Erkenntnisse, die sich dem Besucher einer öffentlich präsentierten Ausgrabung nicht erschließen. Also Einblicke in den Prozess, sowohl des handwerklichen als auch dem des Erkenntnisgewinns. Schattige Plätzchen, Essen und Tee … Leider wird das Heft diesen Erwartungen nicht gerecht. Das hat mehrere Gründe: Zum einen sind die Beiträge recht kurz, keiner umfasst mehr als 3 bis 4 Seiten, wobei die Hälfte von Fotos gefüllt ist. Da …
Die Schriftstellerin Heidi Rehn Histo Journal: Wie erlebst Du als Schriftstellerin diese Zeit? Heidi Rehn: Sehr gemischt. An meiner grundsätzlichen Art zu arbeiten hat sich nichts geändert, lediglich das Recherchieren in Archiven und Bibliotheken ist umständlicher geworden. Ansonsten sitze ich wie seit Jahren gewohnt jeden Tag zuhause am Schreibtisch und schreibe. Neuerdings besitzen allerdings erstaunlich viele Menschen eine Vorstellung davon, was „home office“ bedeutet, welche Herausforderung diese Art des meist sehr einsamen Arbeitens sein kann. Es tut gut, jetzt mehr Verständnis dafür zu bekommen. Schmerzlich vermisse ich jedoch den direkten Kontakt zu meinen Leserinnen und Lesern bei Lesungen sowie bei meinen literarischen Spaziergängen. Im Herbst konnten letztere wieder stattfinden, ebenso erste Lesungen. Sie stießen auf reges Interesse, weil alle sehr dankbar für diese rar gewordenen Gelegenheiten sind, Kultur „live“ zu erleben. Jetzt aber ist wieder alles abgesagt. Ein herber Schlag. Mir fehlt die direkte Resonanz, die so beflügelnd ist, um die Einsamkeit am Schreibtisch besser zu ertragen, und mir einen sehr wichtigen Ausgleich für diese Stunden bietet. Histo Journal: Ausbleibende Lesungseinnahmen sowie z.B. das Absagen der …